Pik Lenin Fazit

Wir sind gescheitert. Nicht am Berg, nicht am Wetter, auch nicht an den Verhältnissen. Wir sind gescheitert am Durchfall und an Höhenkrankheit. Wir haben aber auch gewonnen.

Gestartet sind wir als 4 Bergsteiger die noch nie miteinander unterwegs waren. Wir sind Freunde geworden. Und wir werden, jeder für sich mit dem einen oder anderen zusammen Bergsteigen. Oder auch alle 4 zusammen. Egal.
Raymond hat es am schlimmsten erwischt. Wir vermuten es war der Tee bei einem Zwischenstopp. Er war zwei Tage am Tropf, weil völlig dehydriert. leider hat er uns dann velassen und ist heimgeflogen weil er keine chance mehr auf den Gipfel gesehn hat. Wir haben unser Programm weitergemacht sind in knapp 4 Std vom ABC bis Camp I und in 1 3/4 Std wieder runter. ich denke wir waren eines der stärksten Teams am Berg. Am morgen des zweiten Tages im camp auf 5400 hat dann die Höhenkrankheit zugeschlagen und wir sind schnellstens abgestiegen. Ins ABC und das war zu wenig also weiter ins BC.
Bis wir erholt genug waren und einen neuen Versuch starteten haben wir gemerkt, dass wir noch nicht in der Verfassung waren es nocheinmal zu versuchen.
Wir haben beschlossen abzubrechen und heimzukehren.
“ Kommt gesund heim, kommt als Freunde heim, kommt mit dem Gipfel heim“
Das war unser Motto. Wir haben es befolgt und wir sind gesund und als Freunde leider ohne Gipfel heimgekommen.
Viele hatten nicht das Glück. Insgesammt sind in den zwei Wochen in denen wir am Berg waren 5 bergsteiger gestorben. Hirnödem, Kreislaufversagen, Wächtenbruch, Schneeblind und Absturz, vom Gletscherfluss in den Gletscher geschwemmt.
Unzählig beinah Tote, die vollgepumpt mit Diamox und weiss was für Zeug kotzenderweise versucht haben den Gipfel zu erreichen und grad noch so davongekommen sind.
45 Bergsteiger haben den Gipfel erreicht in dieser Saison. Das ist nix wenn man die Massen gesehn hat die dort rumgetobt sind.
Wir haben weinende verzweifelte Menschen gesehn, die im Gletscherbruch nimmer vor und zurückgekommen sind, wir haben Gruppen beobachtet die für 100 Höhenmeter 5 Std auf dem weg waren, nichtachtend das Gewitter in das sie hineingeklettert sind. Alle mit neuester Ausrüstung noch nicht gebraucht. Ein Bierbauchträger hinter seinem Führer her. Er hat seinen 5 Kg Rucksack kaum tragen können. Sein russischer Führer war unter der Last die er getragen hat nimmer zu sehn.
Wer meint am Ortler oder Großklockner gibt es viel zu viele Bergsteiger die da nicht hingehören der soll sich einmal das am Pik Lenin anschauen.
Der ganze Berg ist eine Müllhalde übelster Sorte. Ab ABC liegt man überwiegend in der Scheisse. Im Wortsinn. Eine ganz ganz große Katastrophe.
Wir haben versucht einen großen Berg by fair means zu besteigen und sind gescheitert. Ein Scheitern hat immer einen schlechten Beigeschmack. Wir waren uns aber einig das Richtige gemacht zu haben, wir haben keinen Fehler gemacht und wir werden, jeder für sich bestimmt wieder eine Reise planen. Aber bestimmt nicht mehr zum Pik Lenin. Wenigstens solange nicht wie die Verhältnisse dort so sind wie sir sie angetroffen haben.
Wir haben unserem Freund Florian am Pass der Reisenden ein großes Steinmadl gebaut und dort seine Glücksbringer deponiert. Er hat dort einen tollen Blick auf die Eisriesen gegenüber. Und er war, als er zum erstenmal am Pass der Reisenden war sprachlos und überwälltigt von der Schönheit und der Erhabenheit dieser gewalltigen Eisriesen. Wir haben den richtige Platz für seine Gedenkstätte ausgesucht.
Danke allen die uns begleitet haben und die mit ihren Gedanken bei uns waren. Und Gratulation und Respekt Christian zum Mustagh Ata und auch den 5 Südtirolern die heimlich still und leise by fair means eine Woche vor uns den Gipfel erreicht haben.
Hubert Wehrle