Muztagh Ata 7546m (Vater der Schneeberge) 19.07. – 17.08.2008

Der Muztagh Ata war lange schon in  meinen Gedanken und Träumen. Ich wollte einen hohen Berg mit Ski besteigen und dieser Wunsch wurde im vergangen Winter immer greifbarer. Ich habe angefangen mich mit diesem Berg näher zu beschäftigen, habe viel darüber gelesen und mich bei Bergkollegen über die Durchführbarkeit sowie Risiken informiert.
Mit meinem Bergkamerad Martin aus Mühlwald, der sich ebenso für den  Muztagh Ata interessierte, wir waren 2006 gemeinsam in der Cordillera Blanca – Perù bergsteigen, haben wir uns beim Österreichischen Verkehrsbüro in Wien für die Expedition angemeldet. Aus einer vorherigen Erfahrung mit dem Verkehrsbüro wusste ich, dass all das logistische sowie Verpflegung vom Flughafen bis zum Base Camp (BC) organisiert wird. Ab dem BC hat dann jeder selbst die Verantwortung zu tragen.
Bei einer Frühjahrsskitour haben Martin und ich das ganze Organisatorische ab dem BC geplant, wie Hochlagerverpflegung, Zelte, technische Ausrüstung, strategische Planung usw.
Am 19.07.2008 standen wir dann mit samt unserem Gepäck und den Skiern am Flughafen in München. Die Blicke der Menschen am Flughafen, wenn man mit Ski mitten im Sommer daherkommt, sprechen für sich. In München haben wir auch die weiteren 10 Expeditionsteilnehmer kennen gelernt.

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Unser Flug ging zuerst über Moskau in die Kirgisische Hauptstadt Bishkek. Ohne Zwischenstopp ging es gleich weiter zum Yssykkolsee. Die Reise führte uns weiter nach Naryn, wo wir in einer Jurte übernachtet haben und am Tag darauf ging es nach Kashgar (China). Der Grenzübertritt von Kirgistan nach China war mit langwierigen mehrfachen Grenzkontrollen verbunden. Da hieß es abwarten und Tee trinken. Was für ein Erlebnis!!! In Kashgar konnten wir noch fehlende Verpflegung besorgen, bevor wir über den Karakorum Highway zum Karakulsee gefahren sind, zum eigentlichen Ausgangsort unserer Expedition.
Nach einer weiteren Nacht in einer Zirkusjurte konnten wir dann nach all diesen Kilometern Flug und Autofahrt zu Fuß weiter, was für eine Erleichterung! Der Marsch in das BC dauerte drei Stunden.
In den ersten Tagen im BC war akklimatisieren angesagt, mit kleinen Spaziergängen, lesen und Karten spielen vertrieben wir uns die Zeit.
Robert, ein Mitglied unserer Expedition aus Garmisch, hat uns ein Kartenspiel beigebracht, das „Schafkopfen“. Ein tolles Kartenspiel und ein exzellenter Parameter für die Höhenanpassung, weil man dabei sehr viel denken muss. Die Zeit im BC war sehr wichtig und das Kartenspielen ein guter Signifikant für den Prozess unserer Akklimatisierung.

Nach drei Tagen im BC haben Martin und ich beschlossen, etwas Material ins (Camp) C1 zu tragen. Das erste Mal so richtig am Berg, ein tolles Gefühl. Das C1 liegt noch nicht auf dem Gletscher, es hatte aber die Nacht durch geschneit und somit hatten wir gleich zu Beginn eine wunderschöne Winterlandschaft. Im C1 haben wir unser Zelt (5400m) aufgeschlagen und sind wieder zurück ins BC.

Zu Hause habe ich noch Kontakt zum Alpenvereinswetterdienst in Innsbruck aufgenommen, damit wir zum gegebenen Zeitraum der Besteigung für unseren Standort den aktuellen Wetterbericht wissen würden. Meiner Schwester Angelika habe ich die Rolle der Wetterberichterstatterin übertragen, die sie ausgezeichnet während der ganzen Expedition ausgeführt hat. Für den gesamten Dienst möchte ich mich recht herzlich bedanken, denn es hat wesentlich zum Erfolg der Expedition beigetragen.

Aufgrund schlechten Wetters folgten mehrere Ruhetage, die jedoch wiederum fürs Akklimatisieren sehr gut waren. Nach ein paar Tagen ging es dann wieder zum C1.
Eine Nacht in C1 und dann hinauf zu C2+. Unser Plan war es, sollte es uns gut gehen im C1, das C2 etwas höher zu platzieren. Der Plan ging auf und so haben wir unser C2+ auf ca. 6350m errichtet, 150m oberhalb vom eigentlichen C2.
Ab dem C1 konnte man dann schon die Ski anschnallen. Der Weg führt über einen 30° Hang hinauf zum Gletscherbruch (ca. 200hm), den man problemlos mit den Skiern überwindet. Nach dem Gletscherbruch geht ein kontinuierlicher 25° Hang weiter bis zum eigentlichen C2. Die 150hm bis zu unserem Lager C2+ wird der Hang wieder steiler.
Wir haben ein weiteres Zelt im C2+ aufgestellt und sind dann anschließend ins C1 abgefahren und noch am selben Tag ins BC abgestiegen. Müde aber sehr zufrieden sind wir im BC angekommen und haben uns auf die bevorstehenden Ruhetage eingestellt.

Das Wetter wurde für einige Tage schlechter. Am 05.08.2008 haben wir dann nach dem Frühstück in aller Ruhe unsere Rucksäcke gepackt und sind losmarschiert Richtung C1. Das Wetter war noch eher schlecht, aber die Prognose für die bevorstehenden Tage vielversprechend. Die Nacht im C1 war angenehm und das Wetter wurde immer besser. Schon der eindrucksvolle Sonnenuntergang hatte uns zuversichtlich gestimmt.

Auf dem Weg ins C2+ haben wir den Schneefall der letzten Tage hautnah erlebt, spuren war angesagt. Auch andere Gruppen waren mit Ski zu diesem Zeitpunkt am Berg unterwegs. Das Spuren auf dieser Höhe kostet einige Kraftreserven und niemand wollte zuviel Energie aufbringen um eine gute Spur anzulegen. Die einfachste Variante war es, der Fußspur zu folgen. Wir haben uns für beide Varianten entschieden, teils Spuren und teils der Fußspur folgen, wenn das Gelände es zuließ.
Angekommen im C2+ standen gleich die Vorbereitungen für den nächsten Tag an:
Schnee schmelzen zum Wasser kochen. Am Besten funktioniert dies, solange die Sonne scheint und es draußen angenehm warm ist. Da wir relativ früh angekommen sind, konnten wir noch ausgiebig die Aussicht genießen sowie ein Schläfchen halten.
Auf dieser Höhe wird das Übernachten schon etwas schwieriger, unsere Nacht verlief relativ gut. Wir haben uns gut erholt und keinen Kopfweh, was sicher unserer guten Akklimatisierung zu verdanken war.

Um 5 Uhr am nächsten Tage war Tagwache. Raus aus den Schlafsäcken, frühstücken, genügend Wasser kochen und wie geplant sind wir um 6 Uhr losmarschiert. Zuerst gingen wir über einen ca. 20°steilen Hang hinauf bis zum C3 auf 6800m. Der Hang wird dann zunehmend flacher ca.15° bis zu einer Höhe von 7200m. Bis dahin ist es uns gelungen unseren Rhythmus mit einer Stunde gehen dann Ess- und Trinkpause zu halten. Auf 7200m haben wir beschlossen unsere Rucksäcke zurück zu lassen.
Alles hat einfach gepasst, das Wetter war gut, wenig Wind und wir waren in einer ausgezeichneten Verfassung. Danach sind wir in einem 100hm Rhythmus weiter gegangen – Pause, Luft holen, trinken und dann weiter. Ab 7200m wird der Hang deutlich flacher, bis er zum Ende hin ganz ausläuft.

So allmählich sind die ersten Vorgipfel aufgetaucht, aber immer noch war kein Ende in Sicht. Pause, rasten, Kopf runter und weiter und irgendwann war er plötzlich da, das lang ersehnte Ziel, der Gipfel des Muztagh Ata 7546m (Vater der Schneeberge) WAHNSINN.

Zu dritt haben wir die letzte Etappe überwunden, Martin, Jürgen aus unserer Gruppe und ich. Mit einem Berg Heil haben wir den Gipfelerfolg genossen. Bald darauf haben auch Adi und Robert aus unserer Gruppe den Gipfel erreicht.
Nach einer 1 ½ stündigen Gipfelrast mussten wir leider vom Gipfel Abschied nehmen.
Wir haben die Ski angeschnallt und sind durch einen herrlichen Pulverschnee abgefahren. Leider wollte die Atmung und Oberschenkel nach einigen Kurven nicht mehr mitmachen, also anhalten, atmen und weiter, juhu…

Zurück im Lager C2+ haben wir unsere Zelte abgebaut und sind weiter abgefahren ins C1. Nach einigen Überlegungen doch nicht im C1 zu bleiben, stiegen wir noch am selben Tag ab ins BC. Die BC Crew war schwer begeistert von unserem Gipfelerfolg. Anfangs jedoch glaubten sie uns gar nicht, dass wir die Tour in einer solchen Geschwindigkeit absolvierten, da es gar nicht so lange her war als wir das BC verlassen hatten.

Am nächsten Tag ging es nochmals zurück zum C1, wo wir unser Lager abgebaut und alles so hinterlassen haben, wie wir es vorgefunden hatten. Da Expeditionen leider nicht immer Nachhaltigkeit und Umweltbewusstsein beweisen, war es uns ein Anliegen Vorbild zu sein und unseren Müll von diesem wunderschönen Berg hinunter zu bringen.

Nach einigen ausgiebigen Gipfelfeiern haben wir uns vom BC verabschiedet und die Heimreise angetreten. Am gleichen Weg zurück ging es via Kashgar, Bishkek und Moskau nach München und dann nach Hause.

Martin hatte auch dieses Mal seine Filmkamera dabei. Nach der Aufbereitung des Filmmaterials und der unzähligen Fotos möchten wir diese präsentieren und freuen uns darauf, euch auf diese wunderschöne Expedition, den Muztagh Ata mitzunehmen.

Berg Heil
Christoph